„Und plötzlich interessieren sich junge Menschen für alte Hausmittel.“ Das ist es, was ihre Arbeit bereichert und für sie wertvoll macht. Sandra Stengel-Rewitzer fühlte sich schon als Kind zu den Düften der Natur hingezogen und wünschte sich zu jeder Gelegenheit Bücher über Pflanzen. „Ich denke so gerne daran zurück, dass ich mich als kleines Mädel über frisch gemähtes Heu gerollt, besser gesagt, eingerollt habe und den Duft liebte.“
Das Wissen von Sandra über Wildkräuter und Pflanzen wuchs sozusagen im Laufe der Zeit zu einem immer größeren Garten voller Erfahrungen heran. Nachdem die Kinder eigenständiger wurden und der Hausbau abgeschlossen war, nutzte sie die gewonnene Zeit, um ihre Kräuterkunde schulisch zu vertiefen. „Relativ spontan konnte ich glücklicherweise den letzten Teilnehmerplatz der Wildkräuterschule Waldsassen ergattern und habe dann die sechsmonatige Ausbildung absolviert“, erklärt uns die Kräuterexpertin.
Besonders spannend für Sandra ist das energetische Gefühl, welches sich von Kraut zu Kraut anders verhält. „Wenn ich bei meinen Führungen verschiedene Zubereitungsarten und Fakten über die Gartenschätze vermittle, dann wird das sehr geschätzt. Aber ein noch höheres Interesse zeigen die Menschen, wenn ich erzähle, dass etwa Holunder das Urvertrauen weckt, der Beifuß flexibel macht, auch im Denken und die Ringelblume für das Mütterliche steht. Das Energetisch-Magische also!“, lässt sie uns über ihren Kräuteralltag wissen.
„Mit der Zeit lernen die Menschen wieder ein Gefühl dafür zu entwickeln, welche Dinge ihnen gut tun oder nicht. Die Natur ist die beste Apotheke, die wir haben“, weiß die Vohenstraußerin. Helfen und heilen, wie es seinerzeit schon die Oma tat, gerät immer stärker in den Fokus. „Auch das Gefühl, dass man sich unabhängig von der Pharmaindustrie Hilfe aus Garten und Wiese holen kann, ist für viele gerade in Zeiten wie diesen sehr beruhigend“, lässt uns die Naturkundlerin wissen.
Dass die Kräuterfee den Lebensgeschichten vieler Menschen nahekommt, ist ein spannender Nebeneffekt ihres Tuns. „Vor einiger Zeit nahm eine Frau an meinem Kräuterkurs teil. Sie erzählte mir, dass ihr Mann verstorben wäre und ihr Sohn sehr darunter litt. Er würde innerlich stark trauern, aber konnte seinen seelischen Schmerz nicht mit Tränen erleichtern. Ich gab der Frau den Rat, dass man Rosmarin nachsage, dass dieses Kraut Herzen öffnen könne. Zufällig räucherte ich damals auch während der Kräuterführung Rosmarin. Erstaunt bestätigte mir die Frau, dass aktuell der Rosmarin in ihrem Garten förmlich explodierte. Es war für sie eine Art gutes Zeichen. Daran erinnere ich mich oft und hoffe, dass es den beiden gut geht“, so Sandra.
Verschmitzt lächelnd gibt Sandra zu, dass sie vor allem ihren Kindern täglich eine Ration „Naturkraft“ unterjubelt. So werden getrocknete Kräuter oder Brennnesselsamen als absolute „Powerhelden für das Immunsystem“ ganz klein gehäckselt über das Mittagessen gestreut. Neben den Salzen und getrockneten Kräutern kann sie auch auf selbst angesetzte Essige und Schnäpse für alle Wünsche und Belange ihrer Kunden zurückgreifen.
Man merkt Sandra an, dass sie zu ihrem Tun berufen ist. „Auch wenn ich viel zu tun habe, schwächt mich die Arbeit nicht, sondern erdet mich“, ist eine Aussage, die von Herzen und aus voller Überzeugung kommt. Auch ihre Tochter kocht schon fleißig in der Kräuterküche mit. Neben den Kräuterführungen ist das Mutter-Tochter-Team mit der Belieferung eines regionalen Marktes in Tännesberg und von Bauernmärkten beschäftigt.
Nicht wenig staunen die Teilnehmer der Gruppenführungen, was in heimischen Gärten still und leise vor sich hin wächst, aber eines großen Applauses würdig ist. Gegen Migräne, Koliken, Arthrose – gegen jedes Wehwehchen lässt sich etwas zupfen. Bei Lagerfeuer mit Verkostung und abschließendem Kräuterschnäpschen genießt man die Auszeit vom Alltag. „Runterkommen, sich erden und einfach mal ins Grüne schauen ist für viele schon eine Art Medizin“, weiß Sandra aus jahrelanger Erfahrung. Bis zu fünfzehn Stunden Vorbereitungszeit investiert die Kräuterfee in die jahreszeitlich abhängigen Führungen. Es ist ihr eigener Anspruch an sich selbst und ihre Liebe zum Beruf, bestmöglich auf eine Gruppe und deren Wünsche einzugehen.
Junge Frauen und Männer zwischen achtzehn und fünfundzwanzig Jahren zählen zur „Natürlich-Stengel-Stammkundschaft“. „Es ist echt ein tolles Gefühl, dass besonders die jungen Leute immer häufiger auf natürliches „Superfood“, wie sie dazu sagen, zurückgreifen. Außerdem kann ich fühlen, dass gerade Menschen, die viel am Computer sitzen und immerzu mit dem Handy in der Hand arbeiten, sich irgendwann nach einem Gegenpol sehnen – und dann kommt meistens die Natur ins Spiel“, freut sich die Kräuterführerin.