Im Waldthurner Marktladen, der den Namen „Gänsbürger-laden“ trägt, ist neben Einkaufen natürlich auch „nachbarschaftliches Schnattern“ erlaubt. Aber nicht der dort herrschenden guten Einkaufsstimmung verdankt der Laden seinen Namen, sondern dem alten Spitznamen der Waldthurner Marktgemeinde.
Früher gab es ein sumpfiges, überschwemmtes Tal zwischen Waldthurn und Lennesrieth, das als Rast- und Ansiedelungsgebiet von Gänsen sehr beliebt war. Auch hüteten hier viele Menschen ihre Gänse, weswegen der Spitzname „Gänsbürger“ für die Waldthurner entstand“, erklärt uns Geschäftsführerin Petra Reil.
Mit der Schließung der Waldthurner Sparkasse im Jahr 2016 übernahm Michael Steiner das Gebäude und war seither von der Idee angetan, in den Räumlichkeiten eine Einkaufsmöglichkeit für die Einwohner zu schaffen. „Da ich als gelernter Bankkaufmann und Marktgemeinderat aber in der Branche des Lebensmittelhandels total fremd war, nahm ich die Wahl der Geschäftsleitung seinerzeit nur an, falls sich meine Verwaltungskollegin Frau Reil mit mir die Leitung teilen würde“, erzählt Michael Steiner. Beide waren sich auch bewusst, dass für die Umsetzung der Idee eine professionelle Unterstützung von Nöten war, die sie durch Herrn Gröll vom Netzwerk Dorfladen e.V. in vielerlei Hinsicht bekamen. Auch sollte sich die Bevölkerung aktiv mit einbringen, um den Laden zu „ihrem Laden“ werden zu lassen. „Bis heute ist es ein stetiger Entwicklungsprozess, dass unser Geschäft ein Anziehungspunkt bleibt. Wir erreichen das bisher sehr gut mit ausgesuchten, regionalen Produkten und einer heimischen Metzgertheke“, gewährt uns Petra Reil interessanten Einblick.
Dennoch werden neben regionalen Schmankerln auch gute und günstige Produkte angeboten, die sämtliche Alltagsbedürfnisse abdecken. Neben Nahrungsmitteln gibt es auch handwerklich hergestellte Kunstwerke, die aus den Werkstätten des ansässigen Reha-Zentrums stammen. Neben dem Service der Paketannahme und der Lotterie legt der „Gänsbürgerladen“ sein Augenmerk auf eine Besonderheit: den „Brillenmann“. „Es mag sich etwas kurzsichtig anhören, aber es ist speziell für ältere Einwohner ein ganz toller Ausblick, dass sie im Laden einen Termin mit einem Optiker vereinbaren können, der dann hier bei uns die Brillen verkauft und anpasst“, plaudert Michael Steiner dieses spezielle Rundum-Service-Highlight aus.
„Weil sich die Bürger an dem Laden beteiligen konnten, ist die Verbundenheit ganz besonders, auch seitens der jungen Generation. Eingekauft wird da, wo man wohnt und nicht arbeitet“, ist sich der Geschäftsführer stolz bewusst. Obwohl die Waldthurner gewöhnt sind, immer viel fahren zu müssen, hätten sie genügend Möglichkeiten beim Einkaufen „fremdzugehen“, was aber glücklicherweise nicht passiert. Die Ökomodell-Region, ein großes Thema der Politik, ist hinsichtlich des regionalen Angebots in Waldthurn dankend angenommen worden und sichtbar präsent. Anfangs sei es jedoch nicht so einfach gewesen, regionale Waren zu beziehen. „Im Jahr 2015 taten wir uns noch schwer, die Produkte einzukaufen, da der Zeitaufwand für die Vermarkter groß war, ihre Artikel selbst anzuliefern. Dann passierte der Wandel, die Produzenten fanden neue Wege, bildeten
Zusammenschlüsse und jetzt freuen wir uns über eine großzügige Auswahl an heimischen Genüssen“, so Chefeinkäuferin Petra Reil. Inzwischen wachsen die regionale Ecke und die Bio-Auswahl über ihre Fächer hinaus und erobern immer mehr Platz im Laden.
Bedingt durch den neuen Standort, die Auswahl des Metzgers und das erweiterte Sortiment freut man sich seit 2018 sehr über die Rentabilität des „Gänsbürgerladens“. 2020 bewarb man sich an dem „Sternewettbewerb für Dorfläden“ und heimste gleich vier von fünf Sternen ein. Am 23. Oktober dieses Jahres wurde dem zusammengeschweißten und eingespielten Team zur Freude aller sogar noch der fünfte Stern verliehen. Mögen die Sterne dem „Gänsbürgerladen“ mit seinem unschlagbaren Team noch lange leuchten!
