Zeigt her euer Haus!

Gernland10-Zeiglhaus

Der Markt Parkstein, der von seinen Bewohnern liebevoll auf Oberpfälzisch „Boakstoi“ genannt wird, hat so einiges Sehenswertes zu bieten. Da gibt es den markanten Vulkankegel mit seinen bizarren Basaltsäulen, das Vulkanmuseum, den pittoresken Marktplatz, der ein perfekter Ausgangspunkt für Wanderungen in die Umgebung ist, und auch ein künftiger neuer Ort der Zusammenkunft in der Gemeinde: das Zeiglhaus.

Das „Zeiglhaus“

Wir wollen wissen, was es mit dem „Zeiglhaus“ auf sich hat, und haben die die zwei „Hausherren“ und ein Gründungsmitglied getroffen, welche die alten Gemäuer mit viel Engagement und Ideenreichtum beleben: Andreas Bösl (1. Vereinsvorsitzender), Hans Schäfer (2. Vereinsvorsitzender und Altbürgermeister) sowie Franz Bringer (Gründungsmitglied und Vorsitzender Siedler Parkstein). 

„Die Oberpfalz ist von unterschiedlichsten Dialekten geprägt. Der Begriff „Zeiglhaus“ ist somit ein dialektaler Ausdruck. Braute man früher in einem Ort Bier, wurde der sogenannte „Zoiglstern“ vor die Tür gehängt, um den Menschen zu signalisieren, dass es bald frisches Bier geben würde. Daraus ging die Bezeichnung „Zoiglbier“ hervor – ein kulinarisches Aushängeschild der nördlichen Oberpfalz. Auch in Parkstein war dies ein Brauch. Da der Stern also anzeigte, dass es einen Haustrunk gab, sprachen die Anwohner von einem „Zeiglhaus“, erklärt Hans Schäfer die Ursprünge des Namens. 

Das Parksteiner Braurecht, das der Markt bereits im Jahr 1342 erhielt, war einer gemeindlichen Regelung unterstellt. Jeder Bürger durfte Bier brauen, musste dafür aber „Kesselgeld“ bezahlen. Bis 1902 hatte dieses Recht Bestand, als das Königreich Bayern die Befugnisse abschaffen wollte. Daraufhin gab die Gemeinde ihr Braurecht samt Brauhaus zu zwölf Anteilen mit sechs Eignern ab. Diese übernahmen dann das Brauen und verkauften das Bier. Auch für Auswärtige war es fortan möglich, in Parkstein Bier herzustellen, wobei sie allerdings das doppelte „Kesselgeld“ bezahlen mussten.

Viel Gemeinwohl unter einem Dach

„Unsere Idee oder Vision war es, einen Verein zu gründen, der sich mit der Herstellung und Erhaltung von Lebensmitteln beschäftigt – was bei uns speziell das Brauen von Bier bedeutet“, lässt uns Andreas Bösl wissen. Dabei will sich der Verein nicht als Brauerei im engeren Sinne verstanden wissen, sondern als Wiederbeleber einer alten Tradition. Das „flüssige Gold“ soll jedoch nur für den Eigenverbrauch in der Gemeinde und für Feste  produziert werden. 

Ein weiterer Hintergrund ist, dass der Markt Parkstein seit einigen Jahren mit aussterbender Gastronomie zu kämpfen hat. Es gibt kaum mehr Möglichkeiten, etwa die bayerische Brotzeitkultur vor Ort zu leben. So kam bei vielen Anwohnern der Gedanke auf, aktiv etwas dagegen zu unternehmen. Zufälligerweise stand das historische „Zeiglhaus“ zum Verkauf, in dem um das Jahr 1862 bereits Bierausschank stattfand. Also informierten wir uns bei anderen Kommunbrauern und Zoiglstuben in der Region über das Prozedere und beschlossen, das Haus zu erwerben, um es schlussendlich wieder zu beleben. Dies war uns aber nur mit der Vereinsgründung möglich“, erläutert Hans Schäfer die Zusammenhänge. 

Über 10.000 Stunden hoch gekrempelte Ärmel

Mit Franz Bringer hat der Verein einen hoch motivierten Bauleiter in seinen Reihen. Insgesamt 150 Mitglieder verfolgen engagiert den Plan, das „Zeiglhaus“ zu einer Parksteiner Kulturstätte aufleben zu lassen. „Jeder von uns tut das, was er am besten kann. Die Teams sind immer eine bunte Mischung aus Helfern und Handwerkern. Sehr viele junge Familien bringen Zeit und geschickte Hände mit. 

Bisher brauchten wir nur die Spengler- und Heizungsbauarbeiten fremd zu vergeben. Auch der ortsansässige Unternehmer Walter Winkler unterstützt unser Projekt sehr großzügig“, berichtet Andreas Bösl dankend über den großen Zusammenhalt im Ort. Zum Experimentieren erwarb der Verein anfangs eine „Mikro-Brauerei“, mit der sich rund 50 bis 60 Liter Bier produzieren lassen. „Für Geburtstage ist das ein besonders tolles Ereignis, wenn man mit der kleinen Abfüllanlage sein eigenes Festbier brauen und genießen kann. Viele junge Mitglieder versuchen sich immer wieder in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Allerdings legen wir großen Wert darauf, dass alles auf Naturbasis geschieht“, verrät Franz Bringer die „Bierküchen-Geschehnisse“. Als typische Zoiglstube soll sich das „Zeiglhaus“ zukünftig aber nicht präsentieren, eher als „Familienstube“, in der man auch Wein und Kaffee genießen kann. Für eine gute Tasse Kaffee steht der Parksteiner „Barista“ Alfred Neumann hinter der Theke. „Mein Traum von einer kleinen Kaffeestube ist mit der Vereinsgründung in Erfüllung gegangen. Ich liebäugelte schon immer damit, eine Cafébar zu betreiben. 

Jetzt habe ich die Gelegenheit dazu bekommen und freue mich, guten Kaffee in guter Gesellschaft anbieten zu können“, schwärmt der junge Gastronom. Mit dem kulinarischen Angebot soll sich der wiederbelebte Ort für Geselligkeit, viele Geschmacksrichtungen und verschiedene Vorlieben öffnen. „Wir pflegen keine sture Rezeptkultur, bei uns schmeckt das Bier auch nicht wie ein typischer Zoigl. Dem Sterben der Dorfkerne wollen wir mit unserer geöffneten Tür entgegenwirken. Unser Tun soll das Leben in der Gemeinde stärken und nicht dem Zweck einer Gewinnerwirtschaftung dienen, wobei wir natürlich auch alles finanzieren müssen. Visionen für die Zukunft gibt es genug: Das Brauhaus muss fertiggestellt werden, ein Backofen soll gebaut werden, die Scheune soll noch renoviert werden, ein Biergarten soll entstehen und mit Events wie Krauteinstampfen oder Suren von Geräuchertem bereichert werden“, blickt der Vereinsvorsitzende voller Enthusiasmus in die Zukunft. Die musikalische Hausband wird sicherlich die richtigen Töne zu jeder Veranstaltung treffen.