Alte Namen, die viel mehr sind als das, wonach sie klingen, gehören für Gerald Tretter praktisch zur Familie und erfüllen seine Freizeit mit geerdetem Landleben: seine Thüringer Waldziegen und Sundheimer Hühnerschar. Fairer Umgang mit tierischem Leben und nachhaltig hergestellte Lebensmittel sind schon immer in Geralds Seele fest verankert. In dem hauptberuflichen Physiotherapeuten steckt viel Liebe, Offenheit und Respekt vor der Natur.
„Vor ungefähr fünfzehn Jahren haben sich meine Frau und ich dazu entschlossen, diese Hofstelle hier in Remmelberg zu erwerben. Wir beide haben keinen landwirtschaftlichen Hintergrund, lieben aber das Leben auf dem Land. Zum Gehöft gehört auch eine große Wiese, die viel Zeit für Mäharbeiten in Anspruch nahm. Schnell kam der Gedanke auf, dass wir uns „tierische Grünlandpfleger“ zulegen könnten, um die Mähzeit für etwas Anderes und Schöneres zu nutzen.
So stellten wir quasi zwei Schafe und zwei Ziegen ein und waren sehr zufrieden mit ihrer Arbeit“, erzählt Gerald lachend. Der Hobby-Bauer war sich zu dieser Zeit allerdings nicht bewusst, dass es sich bei den Ziegen um eine vom Aussterben bedrohte Rasse handelte: die Thüringer Waldziegen.
Das Ehepaar recherchierte seinerzeit im Internet, verliebte sich lediglich in das Aussehen der Tiere und schätzte deren pflegeleichte Haltung. „An den Ziegen hatte ich von Anfang an mehr Freude als an den Schafen und so bauten wir mit ihnen eine kleine Zucht auf. Erst später realisierten wir, dass diese Tiergattung auf der sogenannten „Roten Liste der Gesellschaft von alten Haustierrassen“ steht. Für uns war es erfreulich zu wissen, dass wir einen kleinen Beitrag leisten, diese Ziegenart ein Stück weit der Nachwelt zu erhalten. Das Erfreuliche an den Tieren ist, dass sie sehr robust sind und die Pflege der Klauen nicht aufwendig ist. Sie zählen zu den sogenannten Zweinutzungsrassen, was bedeutet, dass man ihr Fleisch und ihre Milch nutzen kann“, lässt uns der sympathische „Ziegenhirte“ wissen.
Für den eigenen Hausgebrauch verwenden die Tretters die frische Ziegenmilch zur Herstellung von leckerem Ziegenfrischkäse. „Besonders die Kinder schätzen die Versorgung mit eigens erzeugten Nahrungsmitteln. Für sie stellt es einen ganz natürlichen Kreislauf dar, sich um Tiere zu kümmern und von ihnen im Gegenzug mit Milch oder Eiern versorgt zu werden – und sie auch letzten Endes zu schlachten sowie zu verzehren. Sie schmecken sofort den Unterschied zwischen gekauften Lebensmitteln und unseren eigenen Naturprodukten. Für sie hat alles eine Zeit – eine Zeit, in der es schön und faszinierend ist, ein frisch geschlüpftes Kücken zu beobachten, und eine Zeit, in der es eben auch Hühnchen als Sonntagsessen gibt“, erklärt der Hobby-Bauer.
Für den Physiotherapeuten ist die tägliche Arbeit im Hühnerstall das Gelbe vom Ei. „Nach anstrengenden Stunden im Krankenhaus ist das Werkeln im Stall ein entspannender Ausgleich zu meinem Beruf. Weil die Ziegen uns so viel tierische Freude beschert hatten, entschieden wir, den Hof zusätzlich mit Federvieh zu bereichern. Von der „Roten Liste“ angeregt, haben wir uns die ebenfalls vom Aussterben bedrohte Geflügelrasse Sundheimer Hühner und das Deutsche Lachshuhn auf unsere kleine Ranch geholt. Natürlich kann man unser Geflügel nicht mit Legehühnern vergleichen. Es sind keine auf Hochleistung gedrillten Hühner. Aber wir sind glücklich über ca. 200 Eier im Jahr, die von gesunden und ausgeglichenen Tieren stammen“, lässt uns Gerald stolz wissen.
Stolz kann der aufgeschlossene Nordoberpfälzer auch über seine Bekanntheit sein, die er auf Großschauen erlangt hat. Durch seine Teilnahmen an den Meisterschaften sind ihm im wahrsten Sinne des Wortes schon viele Auszeichnungen zugeflogen: Deutscher Meister, Bundesmeister, Bundessieger, Bayerischer Meister und viele mehr – kein Wunder, dass Züchter weltweit gerne sogenannte Bruteier seiner Hühner erwerben. Natürlich ist es nicht einfach, Eier zu verschicken, aber Gerald Tretter packt die Bruteier vorab in Luftpolsterfolie ein, verstaut sie danach in einem Eierkarton und verpackt diesen wiederum transportsicher in einem weiteren Karton mit Strohfüllung. So reist das wertvolle Gut beispielsweise nach Schleswig-Holstein, nach Österreich, in die Slowakei oder dahin, wo auch immer sozusagen ein Hahn nach ihnen kräht. „Die Entstehung eines Eis beziehungsweise eines Kückens findet ja bereits in der Henne während des Legens statt.
Der Vorgang wird dann unterbrochen, wenn das Ei im Nest liegt und die Glucke nicht darauf sitzt. Wenn das verschickte Ei dann beim Empfänger ankommt, geht der Entwicklungsprozess weiter, indem das Brutgut wieder in das Nest einer Henne zum Ausbrüten gegeben oder in einen Brutautomat gelegt wird. Das Ei sollte für diesen Vorgang nicht älter als 10 bis 14 Tage sein und muss insgesamt drei Wochen bebrütet werden“, gibt Gerald Tretter wissend Auskunft. Ob aber nun das Ei oder die Henne zuerst da war, darauf möchte er kein Korn wetten.
Sicher ist sich Gerald allerdings, dass sich viele Menschen gerne mehr selbst versorgen würden, was aber meistens mit Schwierigkeiten verbunden ist. „Es ist traurig, dass es sogar in unserer ländlich geprägten Region sehr schwierig ist, Nutztiere wegen Nachbarschaftsproblemen nicht halten zu können. Alleine wenn ein Hahn kräht oder Hühner gackern, wird dies oft schon als störend empfunden. Dagegen wollen viele nicht auf ein Ei verzichten. Es wäre daher sehr wünschenswert, wenn die positiven Aspekte der direkten Versorgung mehr geachtet werden würden.“
Wie schön wäre die Welt mit mehr „Geralds“ und weniger „Roten Listen“.