Urgeschöpfe der Natur

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Es liegt „Wildnis“ in der Luft. Instinktiv hält man den Atem an, wenn man auf die kleine Herde muskulöser Kraftpakete
trifft. Inzwischen haben sich die großen Huftiere daran gewöhnt, dass sie dank ihres ungewohnten Anblickes von den Besuchern angestarrt werden. Bestückt mit schwungvoll gebogenen Hörnern grast „Albert“, der Wasserbüffel, friedlich auf der Weide, während die drei Wasserbüffelkühe und das viermonatige Kalb gemütlich rasten.

Als Kostverächter erweisen sich die Tiere nicht, denn sie verschmähen kaum eine Pflanze oder ein Gebüsch und fressen, was ihnen die Natur gerade anbietet. Die vermeintlich exotisch anmutenden Tiere sind keineswegs Einwanderer aus dem afrikanischen oder asiatischen Kontinent. Bis vor rund 12.000 Jahren existierte der europäische Wasserbüffel in Deutschland, was sich anhand prähistorischer Funde belegen lässt.

Oberpfälzer Wasserbüffel

Martin Rettinger aus Dietersdorf bei Windischeschenbach ist der heimliche Anführer der zotteligen Truppe – auch wenn er weder Hörner noch selbige Muskelkraft wie Zuchtstier „Albert“ aufweisen kann. Der aktive Vollzeit-Landwirt hat seine Liebe zu den Büffeln im Jahr 2019 entdeckt. „Ich kann mich erinnern, dass ich damals einen Bericht im Fernsehen sah und dadurch mein Interesse an den Großtieren geweckt wurde. Durch Recherchen stieß ich auf einen Produktionsbetrieb von „Büffel-Mozzarella“ in Putlitz bei Berlin. Glücklicherweise konnte ich aus der dortigen Zucht vier Büffelkälber erwerben und holte die „Großstädter“ quasi aufs Land. Heute genießen sie unsere oberpfälzer Idylle und gute Landluft“, erzählt Martin schmunzelnd. In vielen Ländern zählen die Rinder zu den sogenannten Arbeitstieren.

„Man kennt Fotografien, die Wasserbüffel mit Reissäcken auf dem Rücken zeigen. Vor allem in Südostasien unterstützen sie die Menschen in der Landwirtschaft. Aber auch in Rumänien und Italien greift man auf die bedrohlich wirkenden, aber dennoch gutmütigen Weidetiere zurück, um sie auf unterschiedlichste Weise einzusetzen“, weiß der Landwirt zu berichten.

Die unendliche Kette des Lebens

Wasserbüffel können eine Perle in der Kette des Lebens sein. Mit ihrem erheblichen Körpergewicht wühlen sie den Boden auf und schaffen so beispielsweise Lebensräume für Insekten. Man nennt sie auch gerne „Bio-Bagger“, da sie an passenden Stellen kleine Tümpel anlegen und durch ihr Wälzen offene Areale schaffen, die von Vögeln als Brutstellen genutzt werden. „Mein Ziel wäre es, wenige Tiere auf großen Flächen zu halten.

So wird einerseits die Grasnarbe nicht zerstört und andererseits die Natur im optimalen Gleichgewicht gehalten. Bei unserer Weidefläche von etwa acht Hektar wäre eine große Herdentierhaltung für mich demnach nicht sinnvoll“, erklärt der umweltbewusste Landwirt.

Mit um die 85 Hektar Ackerland, etwa 20 Hektar Grünland und rund 50 Hektar Forst wird es den Rettingers nicht langweilig. „Es gibt immer viel zu tun, besonders in der Hochsaison, in der wir auch als Lohnbetrieb tätig sind. Gerade in den stressigen Zeiten haben unsere Wasserbüffel noch einen wundervollen Nebeneffekt: Statt etwa mit Yoga zu entschleunigen, kann man alleine durch das Betrachten der Tiere wunderbar entspannen. Die beruhigende Art, die sie ausstrahlen, ist regelrecht ansteckend“, plaudert Martin sein persönliches „Wohlfühl-Ritual“ aus.

Nicht auf die Hörner nehmen lassen

Dass Martin sich von seinen Büffeln sprichwörtlich „nicht auf die Hörner nehmen lässt“, ruht auf der Verbundenheit zwischen ihm und seiner kleinen Herde. „Bevor ich unseren Betrieb in Vollzeit führte, war ich als Prüfer für das Landwirtschaftsamt tätig, was mich in viele Details der Branche hineinblicken ließ. Aus meinen ganzen Erfahrungen heraus ist mir das Wohl der Tiere am wichtigsten. Daher habe ich zusammen mit meinem Bruder die Qualifizierung zum „Weideschuss“ mittels Prüfungen erworben. Für mich ist diese Art, ein Nutztier zu erlegen, am stressfreiesten für unsere Büffel, was sich auch optimal auf die Qualität des Fleisches auswirkt. Ich habe das Gefühl, dass ich das meinen Tieren schuldig bin, wenn sie schließlich ihr Leben lassen müssen“, erklärt der Züchter. Für eine Direktvermarktung des Fleisches fehlt den Rettingers allerdings die Zeit. Die Fleischverarbeitung und Vermarktung übernimmt daher die „Dorfmetzgerei Mois“ aus Püchersreuth, die bekannt für ihre regionalen Produkte und hohen Qualitätsstandards ist.

Wilder Wasserbüffel – sanfter Gefährte

Wir haben sie gespürt: die Magie dieses Tieres. Dass Martin Rettinger den wild anmutenden, aber dennoch sanften Tieren verfallen ist, lässt sich leicht nachvollziehen. Kein Wunder ist es auch, dass es unzählige Märchen und Sagen über Wasserbüffel gibt. In fernöstlichen Ländern werden sogar zeremonielle Feste und Feiertage ihnen zur Ehre ausgerichtet.

Wir wünschen den Rettingers noch viele magische Momente mit ihren gehörnten Fellfreunden und trennen uns schweren Herzens von ihrem majestätischen Anblick.