Es gibt sie noch, die Orte zum Aufladen, Aufatmen und Aufleben. Das Kloster Speinshart ist so ein Ort: Ein Stückchen Erde voller Stille, das aber auch gerne aktiv laut wird.
Wer bei der Anfahrt nach Speinshart die ersten Blicke auf das historische Klosterdorf, die barocke Pfarrkirche und das in die Natur eingebettete Klosterensemble schweifen lässt, wird zugleich in deren Bann von Schönheit und inspirierender Energie gezogen. Speinshart verkörpert Religion, Geschichte sowie Tradition und wurde über viele Jahrzehnte in mühevoller Arbeit wieder zu neuem Glanz erweckt.
Wer hätte jemals geglaubt, dass das in den Jahren heruntergekommene Kloster samt Dorf einmal ein Juwel Bayerns werden würde. Zwei, die den festen Glauben daran hatten, waren Pater Rainer Rommens aus dem Kloster Roggenburg, der von 1992 bis 2000 Administrator war, sowie der stellvertretende Landrat und Speinsharter Bürgermeister Albert Nickl. „Es gibt nicht viele derart erhaltene Anwesen in so ursprünglicher Form, weswegen wir schon recht früh erkannten, welches Potential darin steckt. Allerdings kann es auch zu einer Lebensaufgabe werden, historische Gebäude zu restaurieren und zu erhalten“, weiß der Bürgermeister aus der Speinsharter Erfahrung.
Wer heute durch Speinshart spaziert, wandelt durch eine Zeitgeschichte. Einst existierte nur das Kloster mitsamt seinen Wirtschaftsgebäuden. Nach der Säkularisation im Jahr 1803 wurden diejenigen Gebäudetrakte, die heute das historische Klosterdorf bilden, an Bedienstete der Abtei versteigert und befinden sich teilweise heute noch in deren Familienbesitz. In den Jahren ab 1950 entstand durch erweiterte Besiedlung das sogenannte neue Dorf.
Durch die Säkularisation verwaiste das Kloster und die wirtschaftlichen Grundlagen dafür zerschellten. Im Zeitraum von 1803 bis 1920 erfuhr es verschiedene Nutzungen, unter anderem diente es auch als Herberge für das Forstamt. Erst im Jahr 1921 kaufte das in Tschechien gelegene Stift Tepl nach langen Verhandlungen das Kloster Speinshart vom Freistaat Bayern zurück. Der damalige Abt Dr. Gilbert Helmer belebte das Kloster wieder mit Ordensleuten. Jedoch zeigte der bauliche Zustand der gesamten Anlage große Spuren der Vernachlässigung.
Hätten die alten Klostermauern aufatmen können, dann hätten sie es sicherlich im Jahr 1995 getan. Bürgermeister Albert Nickl denkt voller Empathie an diese Zeit zurück: „Als 1979 ein Förderverein gegründet wurde, wusste man genau, dass etwas passieren musste. Entweder man würde Speinshart wiederbeleben oder es würde gänzlich verfallen. Beinahe zeitgleich wurde auch die Dorferneuerung eingeleitet, wodurch das Landesamt für Denkmalpflege darauf aufmerksam wurde, dass Speinshart etwas Großartiges zu bieten hatte. Zu diesem Zeitpunkt ahnte aber noch niemand, dass es der Auftakt eines sehr mühseligen Prozesses war. Es war erforderlich, viele unterschiedliche Interessen und Vorschriften unter einen Hut zu bringen. Vor allem musste die Skepsis der Bevölkerung gegenüber den anstehenden Sanierungen abgebaut und mit allen Maßnahmen kompensiert werden. Auch die fünf Mitbrüder, die das Kloster seinerzeit bewohnten, mussten sich mit dem Umbruch erst auseinandersetzen, obwohl sie selbst sehr spärlich wohnten. Es gab nur eine Blech-Badewanne und Waschschüsseln für die tägliche Körperpflege. Die Ordensmänner dachten daher eher an eine Auflösung ihres Klosters als an einen Neubeginn.” Es war ein langer Weg, der sich von 1979 bis 1995 über viele Hürden zog. Doch Glaube, Geduld und Hoffnung sollten sich auszahlen
Die Aussichten des Klosters waren zu dieser Zeit sehr fraglich, doch war man sich einig, dass es nach der Sanierung eine kirchliche Wirkungsstätte bleiben sollte. Pater Rainer Rommens war von einer Zukunft unter der Prämisse überzeugt, dass mehr Attraktivität geboten werden müsse.
Dieser Gedanke war ganz wesentlich und der wichtige Schritt für den Sanierungsstart. Politiker aus der Region, Dr. Max Kunz und auch der damalige Staatsminister Gustl Lang, waren am Projekt beteiligt. Für das Kloster wurde Städtebauförderung eingeleitet und für das historische Klosterdorf die vielfältigen Möglichkeiten des Dorferneuerungsprogramms genutzt. Dieses zweigleisige Verfahren war überlebensnotwendig für das Gesamtvorhaben. Vieles verdankte man auch dem früheren Bundestags-
abgeordneten Georg Girisch, der lange Zeit den Vorsitz des Fördervereins innehatte. Alle Maßnahmen wurden auch vom Landesamt für Denkmalpflege intensiv begleitet und finanziell unterstützt.
Dass scheinbar alles Gute von oben kommt, war für zwei Feuerwehren im Zuge der ersten Sanierungsschritte greifbar. „Ich kann mich noch genau entsinnen, dass es damals die Aktion „Rettet die Dachziegel“ gab. Als zuerst die Dächer erneuert wurden, entstand eine Gemeinschaftsaktion unserer hiesigen Feuerwehr und der aus dem nahen Tremmersdorf. Beide Wehren deckten eine erhebliche Fläche an Dachziegeln ab und verkauften diese, um sich einen Zuschuss zum Bau des Speinsharter Feuerwehrhauses zu erwirtschaften und um das neu gebaute Tremmersdorfer Feuerwehrhaus damit einzudecken“, erzählt Albert Nickl schmunzelnd. Nach und nach arbeitete man sich durch jeden Bauabschnitt. Der Fokus war dabei auf die Prunkräume des Westflügels gerichtet, mit dem Ziel, eine Begegnungsstätte für die Öffentlichkeit zu schaffen. Letztendlich verschlang das Projekt 20 Jahre Arbeit und über 20 Millionen Euro bis zum Renovierungsende.