Wenn man Ingo Müller kennenlernt, stellt man schnell fest, dass der „stahlharte Oberpfälzer“ einen sehr weichen Kern hat. Durch seine vielen Aufenthalte auf dem großväterlichen Bauernhof wurde er schon im frühen Kindesalter durch das handwerkliche
Können seines Großvaters geprägt.
„Immer in den ruhigeren Herbstmonaten reparierten und überholten wir die landwirtschaftlichen Arbeitsgeräte. Es wurden die Zähne der Egge nachgespitzt oder Klingen geschärft“, erinnert sich der 42-Jährige gerne zurück. Beinahe war es schon vorhersehbar, dass er später in der Metallverarbeitung tätig sein und heute hauptberuflich als Prüfmittelbeauftragter arbeiten würde. Sein Herz hat er allerdings an das Schmieden von Messern verloren.
„Meine Ehefrau ahnte Böses, als vor zehn Jahren mein Amboss bei uns einzog“, erzählt der Oberpfälzer lachend. Recht hatte sie, denn seither verbringt Ingo Müller fast jede freie Minute in seiner Werkstatt.
Es war ein langer Weg von der Erstausstattung mit seinen Maschinen bis zur heute perfekt eingerichteten Schmiede. Der anfangs selbstgebaute Schmiedeofen, die sogenannte„Kohle-Esse“, funktionierte nicht wirklich gut und auch die zweite selbstentwickelte „Gas-Esse“ musste er immer wieder bis zur endgültigen Perfektion optimierten.
Aus Liebe zu seiner Frau hat es den Messermacher von Waldthurn nach Windischeschenbach gezogen. Hier ist auch die Werkstätte seiner handgemachten Kunstwerke zu finden. Im Jahr 2017 hat er dann vor Ort eine Werkstatt gekauft, in der er Messer aller Art und jeder Preislage in Handarbeit herstellt. „Anfangs musste ich kübelweise die teuren Messerrohlinge verschrotten – mangels Erfahrung. Krafteinsatz ist nur bedingt nötig, ich würde eher sagen, jeder Schlag muss sitzen. Fehler werden nicht verziehen. Mein Hammer ist der Daumen und das Eisen die Knetmasse“, plaudert der Profi aus dem „Schmiedekästchen“.
Für den „Meister Eder des Stahls“ stellt die Arbeit in seiner Werkstatt Freiraum für Kreativität und Ausgleich zum Alltag dar. Der Drang, eigene Ideen zu verwirklichen und schlussendlich in den Händen zu halten, lässt ihn die vielen Arbeitsstunden vergessen, die in jedem einzelnen Messer stecken. Jedes Stück besitzt seine eigene Handschrift. Kenner der Branche brauchen keine Stempelprägung, denn gewisse Formen oder Griffdesigns verraten den Schöpfer. Ein Teil seiner Handschrift ist die Verwendung von Naturhölzern für die Griffe. Gerne verarbeitet er dafür Hölzer wie Bergahorn, Pflaume, Ulme, Eibe oder die exotische Holzart Bubinga. Hochwertige Messer werden oft mit Zedernholz ausgestattet.
Das Grundmaterial – die zwei verschiedenen Stahlsorten stammen von Spezialhändlern aus Remscheid – die Feuerverschweißung und die Damastherstellung gehören zu den Arbeiten in der Schmiede. Als besonderes Schmuckstück präsentiert sich ein Messer mit Schachbrett-Damast. „Das sehr feine Muster in der Klinge ist extrem schwierig zu verschweißen“, gibt Ingo zu, „auch wenn sich der Aufwand lohnt.“ Ähnlich ausgefallen zeigt sich eine Klinge mit Korbflechtmuster, das optisch dem Flechtwerk eines Rattan-Stuhls gleicht.
Ungefähr drei bis vier Stunden werden für die Herstellung eines einfachen Messers benötigt. Der Kostenpunkt dafür liegt bei etwa 100 Euro. Für ausgefallenere Messer mit Schachbrettmuster müssen hingegen vier bis fünf Tage investiert werden. Der
Kaufpreis liegt dafür bei ca. 1.500 Euro und mehr. Allerdings ist preislich kein Limit nach oben gesetzt. So können individuelle Gravuren, besondere Griffe und Schutzhüllen den Preis bis zu 40.000 Euro steigern. Einzelstücke dieser Art sind besonders bei russischen Kunden beliebt. Auch gebrauchten, stumpfen Messerklingen wird in der Werkstatt gerne neue Schärfe verliehen.
Ganz aktuell sind gerade „Schmiede-Workshops“. Auch Ingo bietet diese gerne ab einer Mindestteilnehmerzahl von zwei Personen an. Fleißig gefeilt und gehämmert darf dann am Freitagabend und Samstag werden. Am meisten aber freut sich der Schmied, wenn jedes Messer in gute Hände kommt.