Einfach mal durchatmen

GernLand11-Beiträge-5

„Bitte tief ein- und ausatmen, gerne auch die Schultern hängen lassen und sich frei fühlen.“ Klingt wie eine Yoga-Übung, ist aber keine. Wir befinden uns an dem wohl entspannendsten Rückzugsort, den es gibt, und holen ganz tief Luft. Gerne nehmen wir zusammen mit Stefan Härtl und Bernd Stengl an einem wirklich sehr relaxten Spaziergang durch unseren Nördlichen Oberpfälzer Wald teil. 

Ein Rückzugsort und vieles mehr

Wir wollen dem Geschäftsführer des Naturparks Nördlicher Oberpfälzer Wald einige Informationen aus der „Baumkrone“ locken und fragen nach, seit wann es denn den Naturpark als solchen gibt und was es damit auf sich hat. „Gegründet wurde der Naturpark im Jahr 1975. Zu ihm gehören der Landkreis Neustadt, einige Teile des Landkreises Tirschenreuth mit Kastl, Kemnath, Plößberg, Bärnau sowie die Stadt Weiden. Insgesamt umfassen wir 42 Mitgliedsgemeinden“, erklärt Geschäftsführer und bekennender Naturfreund Stefan Härtl.

In Bayern werden insgesamt neunzehn Naturparke verzeichnet. Mit ca. 138.000 Hektar zusammenhängender Fläche bewegt sich der Naturpark Nördlicher Oberpfälzer Wald größenmäßig im Mittelfeld dieser „grünen Oasen“. „Mindestens fünfzig Prozent der Naturfläche dienen als Landschaftsschutzgebiete. Hintergrund sind zum einen der Aspekt der Naherholung, aber auch wirtschaftliche Vorteile. Dank dieser ist es uns möglich, Fördergelder zu generieren, die wir dann regional nutzen können“, lässt uns stellvertretender Geschäftsführer Bernd Stengl wissen.

Während unseres Spaziergangs durch den Wald verspüren wir ein schlichtes Wohlgefühl. So ist es auch kein Wunder, dass viele Menschen die eigene Entschleunigung und Erdung in der Heimat der Bäume suchen und finden.

Die grüne Kultur

„Wichtig für unsere Arbeit ist, dass Natur und Kultur im Einklang sind, dass die vielfältigen Landschaften und deren Artenreichtum gepflegt und erhalten bleiben. Grundsätzlich basiert der Naturpark auf drei Säulen, beginnend mit Einrichtungsmaßnahmen, zu denen etwa der sogenannte „Findlingsweg“ in Floß zählt, den wir zusammen mit der Gemeinde Floß umsetzten. Wenn man bedenkt, dass dafür ein Budget von über 150.000 Euro nötig war, kann man sich vorstellen, was an Investitionsgeldern verwaltet und organisiert werden muss.

Die Planung, Konzeption und Erschaffung neuer Wanderwege ist also ein wesentlicher Aufgabenbestandteil. Durch technische Möglichkeiten können wir heute auch spannende Highlights auf den Wander- oder Radstrecken durch den Wald integrieren. Gerne denke ich dabei an unsere sogenannte „Lausch-Tour“, die von Kohlberg aus mittels einer App startet. Wer möchte, kann sich diese digitale Führung herunterladen, um sich dann an verschiedenen Stationen im Wald informieren zu lassen. Auch für Parkstein oder Tännesberg wurden verschiedenste Wanderweg-Konzepte geschaffen. Das Ziel ist, den Menschen den Zutritt zur Flora und Fauna auf eine rücksichtsvolle Weise näher zu bringen“, erläutert Naturkundler Stefan Härtl.

Ohne Eintrittskarte

Der Naturpark Nördlicher Oberpfälzer Wald heißt jeden willkommen, ganz ohne Eintrittskarte. Doch die Gastfreundschaft will auch gepflegt werden. „Die zweite Säule, auf der unser Park basiert, ist die Landschaftspflege. Hierum kümmern sich unsere beiden Diplom-Biologen, die im Rahmen ihrer Arbeit auf den Artenerhalt und -schutz achten. Alle Maßnahmen werden in einem Jahresprogramm festgelegt, das dieses Jahr mit einer Investitionssumme von 1,5 Millionen Euro verabschiedet wurde. Unsere investierenden Gemeinden können dabei für ihre Projektvorhaben mit mindestens 50 Prozent an staatlichen Fördergeldern beziehungsweise Bezuschussungen rechnen. Letztes Jahr haben wir 166 Großmaßnahmen mittels 27 Anträgen und 62 Kleinmaßnahmen bearbeitet. Überwiegend verlaufen unsere Landschaftspflegeaktionen im Stillen ab, zeigen dafür aber eine große Wirkung. Auch das „Tourismusbüro Oberpfälzer Wald“ arbeitet Hand in Hand mit unserem Team zusammen. Letztendlich kooperieren wir mit vielen anderen Stellen und Vereinen, wie dem Oberpfälzer Waldverein (OWV), um sich bestens auszutauschen oder auch Fachratgeber zu sein“, gibt Bernd Stengl als erfahrener Insider Auskunft.

Eventwald oder Ruhezone

„Wie heißt es so schön: Grün ist die Hoffnung. Als Bernd Stengl und ich im Jahr 2019 das Management des Naturparks übernahmen, waren wir sozusagen voller Hoffnung, dass unsere Arbeit Wurzeln schlagen würde. Wir haben es beide bis heute nicht bereut, dieses Amt angenommen zu haben. Mittlerweile konnten wir drei zusätzliche Stellen für Ranger schaffen. Vieles verdanken wir auch der Unterstützung unseres Landrates und Naturparkvorsitzenden Andreas Meier. Trotz der personellen Weiterentwicklung und der Realisierung diverser Projekte liegt unser Fokus immer auf dem Einklang zwischen Natur und Kultur. Das heißt, die Natur soll für den Menschen nutzbar gemacht werden, jedoch dadurch keine Verluste erleiden. Wir versuchen sowohl Ortsansässigen als auch Touristen auf Erlebniswegen, die gezielt durch unsere Natur führen, erholsame Auszeiten vom Alltag zu ermöglichen und durch vielfältige Informationen eine gesunde Wertschätzung zu vermitteln. Jeder attraktive Wander- oder Radweg verhindert die Zerstörung der Natur durch wilde Trampelpfade. Allerdings sehen wir unseren Naturpark nicht als Eventwald, sondern als große Bühne für einen sanften Tourismus“, erklärt Stefan Härtl die nutzbare Lebensqualität.

Wer es schätzt, schützt es

Unser Spaziergang neigt sich langsam dem Ende zu und somit kommen wir nicht nur am Ziel, sondern auch bei der sogenannten „dritten Säule“ des Naturparks an. Es ist die Säule des Wissens. „Drei Naturpark-Ranger sind quasi unser Sprachrohr nach außen. Sie kümmern sich um die Umweltbildung in Kindergärten und Schulen und leisten informative Öffentlichkeitsarbeit bei Events. Wie es sich für Ranger gehört, tragen sie olivgrüne Uniformen und sind mit Pferdestärken unterwegs. Das geplante „Naturpark-Mobil“ als fahrendes Infozentrum soll künftig sämtliche Blicke auf sich ziehen, wenn es mit wechselnden Themengebieten direkt vor Ort zum Informieren und Diskutieren einlädt. Besonders erfreulich ist die Zusammenarbeit mit derzeit fünf zertifizierten Naturparkkindergärten und Naturparkschulen. Kern dieses Netzwerkes ist es, den Kindern verschiedenste Themen aus Natur, Kultur, Heimat sowie Land- und Forstwirtschaft durch Dritte zu vermitteln“, berichtet Stefan Härtl stolz über das positive Miteinander.

Ausgezeichnet

Es hat viel Zeit und Aufwand gekostet, aber wir haben es geschafft. Unser Naturpark Nördlicher Oberpfälzer Wald wurde für seine Qualitätsarbeit im Rahmen der „Qualitätsoffensive Naturparke“ erneut ausgezeichnet. Wir dürfen uns mit dem Siegel „Qualitäts-Naturpark“ schmücken, worauf wir schon ein wenig stolz sind. Es galt, eine harte Zertifizierungsrichtlinie zu erfüllen, die auf fünf Fachgebiete zurückgriff und 100 Fragen beinhaltete. Überprüft wurden das Management und die Organisation des Vereins, der Naturschutz und die Landschaftspflege, Erholungsaspekte und sanfter Tourismus, die Bildung für nachhaltige Entwicklung und Regionalentwicklung sowie die Umweltbildung. Schlussendlich konnten wir vollends überzeugen und das begehrte Aushängeschild in die Region holen“, resümiert Bernd Stengl.

Wir sagen dem Nördlichen Oberpfälzer Wald „Auf Wiedersehen“. Es ist, als würde er uns auf seine ganz natürliche Weise zulächeln – vielleicht hat ja doch jeder Baum ein Gesicht?